Gewählte Aussagen aus dem Werk: Maria Valtorta,
Der Gottmensch, Leben und Leiden unseres Herrn Jesus Christus,
Pisani Italien (1943-47), Parvis Verlag, Hauteville, CH, 1991,
Band I-XII
(Seitenangaben nur für diese Fassung - Format A4, Geneva
10 point, 3 cm Rand)
Band IXII
711. DER SELIGE HEIMGANG MARIAS. S. 261
- S. 261:
(Johannes
und Maria) «O nein, nicht deshalb bin ich bleich und zittere. Es ist nicht, weil die Wunden wieder aufbrechen
Sie haben sich in Wirklichkeit nie geschlossen, nie völlig geschlossen. Friede und Freude sind in mir, und noch nie zuvor waren sie so gross.»
- «Nie zuvor? Ich verstehe nicht
In mir erweckt der Anblick dieser
- S. 262:
«
Dinge nur die furchtbare Erinnerung an die Qual dieser Stunden. Und ich bin nur einer seiner Jünger
. Du aber bist die Mutter
»
- «Und als solche müsste ich noch mehr leiden, willst du sagen. Und aus menschlicher Sicht hast du recht. Aber es ist nicht so. Ich bin es gewohnt den Schmerz der Trennung von ihm zu ertragen. Auch das ist ein Schmerz, denn seine Gegenwart und Nähe waren mein Paradies
auf Erden. doch ich habe alles gerne und ruhigen Herzens ertragen, denn alles, was er tat, war der Wille des Vaters und war Gehorsam gegenüber dem Willen Gottes, und ich habe es angenommen, da auch ich immer dem Willen Gottes und seinen Plänen mit mir gehorsam gewesen bin. Als Jesus mich verliess, habe ich gelitten. Gewiss, denn ich fühlte mich verlassen.»
- «Ich litt, als er mich verliess, um in die Welt zu gehen, die ihm feind und so sündig war, dass das Leben in ihr für ihn zur Qual wurde. Aber welche Freude habe ich jedesmal empfunden, wenn er zu mir zurückkehrte! Wahrlich, sie war so gross, dass sie mir siebzigmal siebenmal den Schmerz der Trennung vergalt. Herzzerreissend war der Schmerz der Trennung bei seinem Tod, aber mit welchen Worten soll ich dir die Freude beschreiben, die ich empfand, als er mir nach seiner Auferstehung
erschien? Unendlich gross war der Schmerz der Trennung nach seiner Rückkehr zum Vater, und ich wusste, dass er erst enden würde, wenn ich selbst dieses irdische Leben beendet habe. Nun erfüllt mich Freude, eine Freude, die so gross ist, wie der Schmerz es war, denn ich fühle, dass mein Leben beendet ist. Ich habe getan, was ich tun musste. Ich habe meine irdische Mission abgeschlossen. Die andere, die himmlische, wird kein Ende haben. Gott hat mich auf Erden gelassen, bis auch ich, wie mein Jesus, alles vollbracht habe, was ich vollbringen musste. Und ich fühle in mir die geheime Freude, den einzigen Balsamtropfen in dem letzten, über alle Massen bitteren Leiden Jesu, die auch er fühlte, als er sagen konnte: 'Es ist vollbracht.'»
- «Freude bei Jesus? In jener Stunde?»
- «Ja, Johannes
. Eine den Menschen nicht verständliche Freude. Aber verständlich für die Seelen, die schon im Licht Gottes leben und in der Gnade
dieses Lichtes die tieferen Dinge erkennen, die verborgen sind
- S. 263:
«
unter dem Schleier, mit dem der Ewige die Geheimnisse des König
s verhüllt. Angsterfüllt und erschüttert durch diese Ereignisse, eins mit ihm, meinem Sohn, auch in der Verlassenheit vom Vater, verstand ich damals nicht. Das Licht war für die ganze Welt erloschen in jener Stunde, für die ganze Welt, die ihn nicht hatte aufnehmen wollen. Und auch für mich; nicht im Sinne einer gerechten Strafe, sondern weil ich die Miterlöserin
sein musste, musste auch ich die Qual erdulden, allen göttlichen Trostes zu entbehren, die Qual der Finsternis, die Trostlosigkeit, der Versuchung durch Satan
, der mich überzeugen wollte, dass alles, was Jesus gesagt hatte, nicht möglich sein. Alles, was er von Donnerstag bis Freitag seelisch durchlitt, musste also auch ich erleiden. Aber dann verstand ich. Als das für immer auferstandene Licht mir erschien, verstand ich. Alles. Auch die geheime und höchste Freude Christi, als er sagen konnte: 'Alles habe ich vollbracht, wie es der Vater wollte. Ich habe das Mass der göttlichen Liebe vollgemacht, da ich den Vater bis zum Opfer
meiner selbst geliebt habe, da ich die Menschen bis in den Tod geliebt habe. Alles habe ich vollbracht, was ich zu tun hatte. Nun sterbe ich glücklich im Geist, obwohl gemartert in meinem unschuldigen Fleisch.' Auch ich habe alles vollbracht, was mir von Ewigkeit
zu vollbringen bestimmt war, von der Empfängnis des Erlösers bis zur Hilfe für euch, seine Priester
, damit ihr vollkommene Priester werdet. Die Kirche
hat sich nun gebildet und ist stark. Der Heilige Geist
erleuchtet sie, das Blut der Märtyrer festigt sie und lässt sie wachsen, und meine Mithilfe hat dazu beigetragen, sie zu einem heiligen Organismus zu mache, den die Liebe zu Gott und dem Nächsten nährt und immer mehr stärkt und in dem der Hass, die Rachsucht und der Neid, die Lästerung, die schlechten Gewächse Satans
nicht gedeihen.
- Jesus hat euch bei seinem Abschied vor dem Tod das Gebot gegeben, einander zu lieben. Und er hat euch auch das Mass der Liebe genannt, das ihr anwenden sollt, als er zu euch sagte: 'Liebet einander, wie ich euch geliebt habe. Daran wird man erkennen, dass ihr meine Jünger
seid.' Die Kirche
braucht die Liebe, um zu leben und zu wachsen. Vor allem die Liebe der Diener. Wenn ihr einander nicht mit allen Kräften liebt und ebenso eure Brüder im Herrn, wird die Kirche unfruchtbar werden.»
- S. 264:
«Ich habe mich gänzlich Gott hingegeben, obwohl ich sofort verstanden hatte, wieviel Schmerz mir daraus erwachsen würde. Die Worte der Prophet
en standen vor meinem geistigen Auge und das göttliche Licht liess sie mich in aller Klarheit erkennen. Daher wusste ich von meinem ersten 'Fiat
' an, das ich zum Engel
sprach, dass ich mich dem grössten Schmerz weihte, den eine Mutter erleiden kann. Aber nichts konnte meiner Liebe Grenzen setzen, denn ich wusste, dass sie für alle, die sie üben, Kraft und Licht ist, der Magnet, der emporzieht, das Feuer, das alles, was es durchglüht, läutert und verschönt, verwandelt und über das Menschliche heraushebt. Ja, die Liebe ist wahrlich eine Flamme. Die Flamme, die das Wertlose, das Verfaulte, das Schlechte, den elenden Menschen verzehrt und ihn zum reinen, des Himmels würdigen Geist macht.»
- S. 265:
«Ihr sollt lieben, damit der Heilige Geist
wieder Wohnung nehmen kann in diesen Tempel
n, die so vieles verödet und verunreinigt hat. Bei der Erschaffung des Menschen hat Gott weder einen Engel
noch edle Materie
verwendet. Er nahm Lehm
, die niederigste Materie. Dann erhob er diese niedrige Materie in den erhabenen Rang eines Adoptivkindes Gottes, indem er ihr seinen Atem, also wiederum seine Liebe, einhauchte.»
- S. 266:
«ich empfinde in mir einen solchen Jubel, eine solche übernatürlich
e Lebensfülle, dass
ja, dass ich glaube, es nicht mehr ertragen und weiterleben zu können. Ich bin ja nicht unsterblich. Das musst du verstehen. Meine Seele ist unsterblich, der Leib nicht. Er ist wie jeder menschliche Leib dem Tod verfallen.»
- «Nein, nein, rede nicht so. Du kannst nicht, du darfst nicht sterben! Dein makellos
er Leib kann nicht sterben wie der eines Sünders!»
- «Du irrst, Johannes
. Mein Sohn ist gestorben! Und auch ich werde sterben. Ich werde die Krankheit, den Todeskampf und die Schrecken des Todes nicht erfahren. Aber ich werde sterben. Und im übrigen sollst du wissen, mein Sohn, dass mein Wunsch, mein innigster und eigenster Wunsch, seit er mich verlassen hat, genau dies ist. Dies ist mein grösster, mein einziger Wunsch. Ich kann sogar sagen: mein einziger Wille. Alles andere in meinem Leben war nur Unterordnung meines Willens unter den göttlichen Willen. Der Wille Gottes, den er selbst in mein kindliches Herz gelegt hatte, war, dass ich Jungfrau bleibe. Sein Wille war auch die Vermählung mit Joseph
, sein Wille war die jungfräuliche und göttliche Mutterschaft. Alles in meinem Leben war der Wille Gottes und mein Gehorsam seinem Willen gegenüber. Doch dies, mit Jesus vereint zu sein, ist mein ganz eigener Wille. Die Erde zu verlassen, um in den Himmel einzugehen und auf ewig und ununterbrochen bei ihm zu sein! Mein Wunsch seit so vielen Jahren! Und nun fühle ich, dass er bald in Erfüllung gehen wird. Sei nicht so betrübt, Johannes! Höre meinen letzten Willen. Wenn der Lebensgeist aus meinem Leib gewichen ist und er in Frieden ruht, dann unterziehe ihn nicht der bei den Hebräern üblichen Einbalsamierung. Denn ich bin keine Hebräerin
mehr, sondern Christin. Die erste Christin, wenn du es recht bedenkst; denn ich trug als erste Christus
mit Fleisch und Blut in mir, ich war seine erste Jünger
in, ich war die Miterlöserin
und ich habe ihn fortgesetzt, hier, unter euch, seinen Dienern
Aber ich möchte, dass nur der Ewige Hohepriester
zu seiner Zeit meinen Leib sieht. Darum rühre mich nicht an. Übrigens habe ich mich, wie du siehst, schon gereinigt und das saubere Gewand angelegt, das Gewand der ewigen Hochzeit
Warum weinst du, Johannes?»
- «Weil der Sturm des Schmerzes in mir wütet. Ich verstehe, dass ich dich bald verliere! Wie werde ich ohne dich weiterleben können? Dieser Gedanke zerreisst mir das Herz! Ich werde diesem Schmerz nicht standhalten können.»
- «Du wirst ihm standhalten. Gott wird dir helfen, noch lange weiterzu-
- S. 267:
«
leben, so wie er auch mir geholfen hat. Denn hätte er mir nicht geholfen auf Golgotha
und im Ölgarten, beim Tod Jesu und bei seiner Himmelfahrt, dann wäre ich gestorben, wie Isaak
gestorben ist. Er wird dir helfen, zu leben und nicht zu vergessen, was ich dir zuvor gesagt habe, zum Wohl aller.»
- «Oh, ich werde mich daran erinnern. An alles. Und ich werde deinen Willen tun, auch hinsichtlich deines Körpers. Und ich verstehe, dass die hebräischen Bräuche nicht mehr taugen für dich, die Christin, die Reinste, die, dessen bin ich gewisse, nicht der Verwesung des Fleisches anheimfallen wird. Dein Leib, der vergöttlicht ist wie kein anderer sterblicher Leib, kann dem Gesetz der Verwesung, des Zerfalls allen toten Fleisches nicht unterworfen sein, da du ohne den Makel
der Erbsünde
bist, und mehr noch, da du, abgesehen von der Fülle der Gnade
, in dir selbst die Gnade, das Wort getragen hast und deshalb wahrlich ein Teil von ihm bist. Dieses wird das letzte Wunder
Gottes an dir, in dir sein, dass du so erhalten bleibst, wie du bist
»
- S. 268:
«Auch heute abend fühle ich die Engel
um mich schweben, obwohl ich sie nicht sehe. Und ich fühle das Licht in mir und um mich zunehmen, ein überwältigendes Licht gleich dem, das mich umgab, als ich Christus
empfing und als ich ihn gebar. Ein Licht, das aus einer Fülle der Liebe kommt, die mächtiger ist als sonst. Durch eine ähnliche Macht der Liebe entriss ich dem Himmel das Wort vor der Zeit, damit es Mensch und Erlöser werde.»
- «Wahrscheinlich nicht nur deine Seele allein. Und die Erde wird dir antworten und dich mit ihren Völkern und Nation
en verherrlichen, ehren und lieben, solange die Welt besteht, so wie Tobias es von dir, wenngleich verhüllt, vorhergesagt hat; denn du bist wahrlich jene, in der der Herr gewohnt hat. Du allein hast Gott so viel Liebe geschenkt wie alle Hohenpriester und alle anderen vom Tempel
zusammen im Laufe der Jahrhundert
e. Glühende und reinste Liebe. Deshalb wird Gott dich mehr als selig machen.»
- «Und wird meinen einzigen Wunsch, mein einziges Verlangen erfüllen. Denn die so grosse Liebe, die beinahe so vollkommen ist wie die meines Sohnes und Gottes, vermag alles, auch was nach menschlichem Ermessen unmöglich erscheint. Vergiss dies nicht, Johannes
. Und sage es auch deinen Brüdern. Ihr werdet so sehr bekämpft werden. Hindernisse aller Art werden euch eine Niederlage fürchten lassen; Fallen eurer Verfolger und die Abtrünnigkeit von Christen
mit der Moral
eines Iskariot
werden euch bedrücken. Fürchtet nicht. Liebt und fürchtet euch nicht. In dem Mass, in dem ihr lieben werdet, wird Gott euch helfen und euch zum Sieger
- S. 269:
«
über alle und alles machen. Alles erhält man, wenn man zum Seraph
wird. Dann schwingt sich die Seele, dieses Wunder
bare, Ewige, der Atem Gottes, den er uns eingehaucht hat, zum Himmel empor, fällt wie ein Feuerfunke am Fuss des Thrones Gottes nieder, spricht und wird von Gott angehört und erlangt vom Allmächtigen, was es erbittet. Wenn die Menschen zu lieben wüssten, wie es das alte Gesetz gebietet und wie mein Sohn liebte und zu lieben gelehrt hat, dann würden sie alles erlangen. Daher fühle ich, dass ich aus einem Übermass an Liebe aufhören werde, auf Erden zu sein, so wie er aus einem Übermass an Schmerz gestorben ist. Das Mass meiner Fähigkeit zu lieben ist nun übervoll. Meine Seele und mein Fleisch können sie nicht mehr fassen! Die Liebe strömt über, überflutet mich und erhebt mich gleichzeitig zum Himmel und zu Gott, meinem Sohn. Und seine Stimme sagt zu mir: 'Komm! Komm heraus! Steige herauf zu unsrem Thron und in unsere dreifache Umarmung!' Die Erde, alles, was mich umgibt, versinkt in dem grossen Licht, das mir vom Himmel entgegenströmt! Alle Geräusche werden von dieser himmlischen Stimme übertönt! Die Stunde der göttlichen Umarmung ist für mich gekommen, mein Johannes
!»
- «Du gleichst Jesus, als er auf dem Tabor
verklärt wurde! Dein Fleisch leuchtet wie der Mond, deine Kleider strahlen wie ein Diamant vor einer hellweissen Flamme! Du bist nicht mehr von dieser Welt, Mutter! Die Schwere und die Undurchsichtigkeit des Fleisches sind verschwunden. Du bist Licht
»
- «Mir ist, als hätte ich meinen Jesus an meiner Seite»
- Johannes
stimmt den Psalm
118 an, den er beinahe ganz sagt; dann folgen die drei ersten Verse des 41. Psalms, die ersten acht Verse des 38. Psalms, der 22. Psalm und der 1. Psalm. Schliesslich betet er das Vaterunser
, wiederholt die Worte Gabriels
und Elisabeths
, den Gesang des Tobias
, die Verse 11-46 des Kapitels 24 aus Ecclesiastes
. Und zuletzt stimmt er noch das Magnificat
an. Aber als er beim neunten Vers ankommt, merkt er, dass Maria nicht mehr atmet, obwohl sie ihre natürliche Haltung und ihr Aussehen nicht verändert hat und friedlich lächelt, so als habe sie das Ende ihres Lebens nicht bemerkt.
- S. 271:
Johannes
im Selbstgespräch: «Aber bist du denn wirklich gestorben? So gestorben, wie jeder Mensch sterben muss? Nein! Ich fühle, dass es nicht so ist. Dein Geist ist nicht mehr in dir, in deinem Körper, und in diesem Sinn könnte man von Tod sprechen. Aber in Anbetracht der Art und Weise deines Heimgangs glaube ich, dass dies nur eine vorübergehende Trennung deiner schuldlosen Seele voll der Gnade
von deinem reinsten, jungfräulichen Leib ist. Es muss so sein! Es ist so!»
712. AUFNAHME MARIAS IN DEN HIMMEL. S. 271
- S. 272:
Der Körper Maria jedoch ist noch so wie bei ihrem Heimgang. Der Tod hat keine Spuren auf ihrem Antlitz und den kleinen Händen hinterlassen. Kein unangenehmer Geruch im Zimmer. Im Gegenteil! Ein unbestimmter Duft von Weihrauch, Lilien, Rosen, Maiglöckchen und Bergkräutern schwebt im Raum.
- Johannes
, der sei wer weiss wie vielen Tagen schon wacht, ist, von Müdigkeit überwältigt, auf seinem Hocker eingeschlafen und lehnt mit dem Rücken an der Wand, neben der offenen Tür, die auf die Terrasse führt.
- Auf einmal erfüllt ein grosses Licht den Raum, ein silbernes, leicht bläuliches, beinahe phosphoreszierendes Licht, das immer stärker wird und die Morgenhelle und den Schein der Lampe verblassen lässt. Es ist dasselbe Licht, das die Höhle von Bethlehem bei der Geburt Gottes überflutete. Dann erscheinen in diesem paradiesischen Licht Engel
sgestalten - ein noch strahlenderes Licht in dem schon vorhandenen gewaltigen Licht. Und so wie damals, als die Engel den Hirten
erschienen, entsteht ein Reigen sprühender, farbenprächtiger Funken und ein leiser, harmonischer, süsser Harfenton, wenn sie ihre Flügel sanft bewegen.
- Die Eingel umringen die Lagerstatt, neigen sich über sie, heben den reglosen Körper auf und entschweben mit kräftigerem Flügelschlag, den den Harfenklang noch verstärkt, durch eine Öffnung im Dach, die sich wunderbarerweise aufgetan hat, wie sich das Grab Jesu wunderbarerweise geöffnet hat. Sie nehmen den Leib ihrer König
in mit, der heilig, aber noch nicht verherrlicht und deshalb dem Gesetz der Materie
unterworfen ist, dem Jesus nicht mehr unterworfen war, da er bei seiner Auferstehung
schon verherrlicht war.
- Der von den Flügeln der Engel
erzeugte Klang wird stärker und ist nun mächtig wie ein Orgelakkord. Johannes der sich, immer noch schlafend, schon mehrmals auf seinem Hocker bewegt hat, als würden das helle Licht und der Klang der Engelsflügel
ihm stören, wird nun wach durch diesen mächtigen Akkord und einen starken Luftzug, der durch das offene Dach und zur Tür hinaus weht, eine Art Wirbel bildet, in die Decken des nun leeren Bettes und in die Kleider des Johannes fährt, die Lampe löscht und die Tür mit einem lauten Knall zuschlägt
- S. 273:
Und er sieht. Er sieht, wie der noch reglose Leib Marias, die ganz einer Schlafenden gleicht, von der Engel
schar immer höher hinaufgetragen wird. Wie zum letzten Gruss flattert ein Zipfel des Mantels und des Schleiers im durch den raschen Aufstieg oder die Flügel der Engel entstandenen Wind. Und die Blumen, die Johannes rings um den Leib Marias gelegt und wieder erneuert hat und die gewiss in den Falten des Gewandes hängengeblieben sind, regnen auf die Terrasse und auf die Erde des Gethsemane, während des mächtige Hosanna
der Engelschar sich immer weiter entfernt und immer leiser wird.
- Johannes
schaut immer noch dem Leib nach, der zum Himmel auffährt. Und durch ein ihm von Gott gewährtes Wunder
- um ihn zu trösten und ihn für seine Liebe zur Adoptivmutter zu belohnen - sieht er sehr genau, dass Maria, nun umhüllt von den Strahlen der aufgegangenen Sonne, aus der Ekstaste, die die Seele vom Leib getrennt hatte, ins Leben zurückkehrt, sich aufrichtet und nun auch die Eigenschaften eines schon verherrlichten Leibes besitzt.
- Johannes schaut und schaut. Das Wunder
, das Gott ihm gewährt, verleiht ihm die Fähigkeit, entgegen allen natürlichen Gesetzen zu sehen, wie Maria jetzt rasch zum Himmel aufsteigt, umgeben, aber nicht mehr getragen von den jubilierenden Engel
n. Und Johannes ist verzückt von dieser Vision
, die keine menschliche Feder, kein menschliches Wort, kein Kunstwerk jemals beschreiben oder darstellen kann, da sie unbeschreiblich schön ist.
- Johannes immer noch auf das Mäuerchen der Terrasse gestützt, schaut und betrachtet diese immer höher hinaufschwebende, herrliche, leuchtende göttliche Gestalt - denn das darf man Maria wohl nennen, die Gott einzigartig erschaffen hat und unbefleckt wollte, damit sie das fleischgewordene Wort in sich trage. Und ein letztes, grösstes Wunder
gewährt der Gott der Liebe diesem seinem vollkommenen Liebenden; das Wunder, die Begegnung der heiligsten Mutter mit ihrem heiligsten Sohn zu sehen, der herrlich und strahlend in unbeschreiblicher Schönheit rasch vom Himmel herabkommt, der Mutter entgegen, und sie ans Herz drückt, worauf er mit ihr, beide strahlender als zwei leuchtende Sterne, dorthin zurückkehrt, von wo er gekommen ist. Nun sieht Johannes nichts mehr.
- Er neigt das Haupt. Auf seinem müden Antlitz mischt sich der Schmerz über den Verlust Marias mit der Freude über ihre glorreiche Aufnahme. Doch die Freude siegt über den Schmerz. Er sagt: «Danke, mein Gott! Danke! Ich habe geahnt, dass es so kommen würde. Und ich wollte wachen, um keinen Augenblick ihrer Himmelfahrt zu versäumen. Aber seit drei Tagen habe ich nicht mehr geschlafen
- S. 274:
«Und du hast mir erlaubt, Jesus wiederzusehen! O höchste Gnade
! Mein Meister und Herrn wiederzusehen! Wie schön muss das Paradies
nun sein, da ihr in ihm leuchtet, ihr schönsten Sterne des himmlischen Jersusalem!
Von den drei Wunder
n, die ich von Gott erbeten hatte, haben zwei sich erfüllt. Ich habe gesehen, wie das Leben wieder in Maria zurückgekehrt ist, und ich fühle den Frieden in mich zurückkehren. Meine ganze Angst ist verschwunden, denn ich habe sie in der Herrlichkeit vereint gesehen. Ich danke dir dafür, o Gott! Und ich danke dir, dass du mir gewährt hast, das Schicksal der Heiligen
, wie es am Jüngsten Gericht sein wird, in diesem allerheiligsten, aber doch menschlichen Geschöpf zu schauen; und die Auferstehung
des Fleisches und seine Wiedervereinigung, seine Verschmelzung mit der in der Todesstunde zum Himmel aufsteigenden Seele. Ich musste nicht schauen, um zu glauben, denn ich habe immer fest an jedes Wort des Meisters geglaubt. Aber viele werden bezweifeln, dass das zu Staub zerfallene Fleisch nach Jahrhundert
en und Jahrtausenden wieder ein lebendiger Körper werden kann. Diesen werde ich sagen können, indem ich auf die erhabensten Dinge schwöre, dass nicht nur Christus
wieder lebendig geworden ist durch seine eigene göttliche Macht, sondern dass auch seine Mutter, nachdem sie drei Tage tot gewesen war - wenn man ein solches Hinscheiden Tod nennen kann - wieder ins Leben zurückgekehrt ist und mit Leib und Seele ihren Platz in der ewigen himmlischen Wohnung an der Seite ihres Sohnes eingenommen hat. Ich werde sagen: «Glaubt, ihr Christen
alle, an die Auferstehung des Fleisches am Ende der Zeiten und an das ewige Leben der Seele und des Leibes; ein seliges Leben für die Heiligen, ein schreckliches für die unbussfertigen Sünder. Glaubt und lebt als Heilige, wie Jesus und Maria als Heilige lebten, um wie sie in den Himmel einzugehen.»
713. ERWAEGUNGEN UND ERKLAERUNGEN ZUR HIMMELFAHRT UND ZUM HEIMGANG DER ALLERSELIGSTEN JUNGFRAU MARIA. S. 276
- S. 276:
(Muttergottes
) «Ich soll gestorben sein? Ja, wenn man die Trennung des erhabenen Teils des Geistes vom Körper Tod nennen will. Aber nicht, wenn man unter Tod die Trennung der lebengebenden Seele vom Leib, den Zerfall der nicht mehr von der Seele belebten Materie
versteht, und zuvor das schaurige Grab, und als erstes den Todeskampf.
- An jenem Abend, die Sabbat
ruhe hatte schon begonnen, sprach ich mit Johannes
. Von Jesus. Von seinen Angelegenheiten. Die Abendstunde war friedvoll. Der Sabbat hatte allen Lärm der Menschenwerke ein Ende gemacht. Und die Abendstunde hatte alle menschlichen Stimmen und auch die Vögel verstummen lassen. Nur die Ölbäume rings um das Haus rauschten im Abendwind und Engelsflügel schienen die Wände des einsamen Hauses zu streifen.
- S. 277:
«An jenem Abend gesellt sich zur grenzenlosen Liebesglut, zur unfassbaren Lebendigkeit meiner Seele eine süsse Mattigkeit, ein geheimnisvolles Gefühl des Fernseins der Materie
von allem, was mich umgab, als würde der Körper müde einschlafen, während der Intellekt
, der noch klarere Verstand, sich in die göttliche Herrlichkeit vertiefte.
- S. 278:
(Jesus) «Und als er (Johannes
) sah, dass ihr Leben erloschen war, wachte er weiterhin über ihren friedvollen, schönen Schlaf, damit sie auch im Tod nicht von profanen und neugierigen Blicken entweiht würde und immer die Unbefleckte, die Braut und Mutter Gottes bleibe.
- Eine Überlieferung berichtet, dass Thomas
, als er das Grab Marias öffnete, nur Blumen darin fand. Das ist eine reine Legende
. Kein Grab hat den Leichnam
Marias aufgenommen, denn es hat nie einen Leichnam Marias
im herkömmlichen Sinn gegeben, da Maria niemals gestorben ist wie alle anderen Lebewesen.
- Sie hatte sich nur auf göttliche Anordnung von ihrer Seele getrennt, und mit dieser, die ihr vorangegangen war, vereinte sich ihr heiligstes Fleisch. Entgegen den üblichen Gesetzen, nach denen die Ekstaste endet, wenn die Verzückung endet, wenn also die Seele in ihren normalen Zustand
- S. 279:
«zurückkehrt, war es der Leib Marias, der sich nach der langen Ruhe auf dem Totenbett wieder mit der Seele vereinte.
- Bei Gott ist alles möglich. Ich habe das Grab aus eigener Kraft und ohne Hilfe verlassen. Maria kam zu mir, zu Gott, in den Himmel, ohne das Grab mit seinen Schrecken der Verwesung und der Finsternis kennengelernt zu haben. Dies ist eines der leuchtendsten Wunder
Gottes. Aber keine einzigartiges, wenn man an Henoch und Elias
denkt, die dem Herrn teuer waren und von der Erde genommen wurden, ohne den Tod kennenzulernen, und an einen nur Gott und den Bewohnern des Himmels bekannten Ort gebracht wurden. Sie waren Gerechte, aber ein Nichts im Vergleich zu meiner Mutter, die an Heiligkeit nur Gott nachsteht,
- Deshalb gibt es keine Reliquien vom Leib und vom Grab Marias. Denn Maria hatte kein Grab, und ihr Leib wurde in den Himmel aufgenommen.»
- (Muttergottes
) «Die Empfängnis meines Sohnes war eine Ekstase
. Die Geburt eine noch grössere Ekstase. Mein Übergang von der Erde in den Himmel die Ekstase der Ekstasen. Nur während der Passion
machte keine Ekstase meine furchtbaren Leiden erträglicher.»
- Das Haus, aus dem ich in den Himmel aufgenommen wurde, war eine der unzähligen Grosszügigkeiten des Lazarus
gegenüber Jesus und seiner Mutter. Das kleine Haus in Gethsemane
war nahe dem Ort der Himmelfahrt Jesu. Es hat keinen Sinn, nach Überresten zu suchen. Bei der Zerstörung Jerusalem
s durch die Römer
ist auch dieses Haus zerstört worden, und seine Ruinen sind im Laufe der Jahrhundert
e verschwunden.»
- «Wie die Geburt meines Sohnes für mich eine Ekstase
war, und ich aus der Verzückung in Gott, in die ich zu dieser Stunde geriet, erst wieder erwachte und auf die Erde zurückkehrte, als ich das Kind in den Armen hielt, so war das, was man fälschlicherweise meinen Tod nennt, eine Verzückung in Gott. »
- S. 280:
«Mein Sohn entzündete mich bei seinen eucharistischen Begegnungen
mit Umarmungen unendlicher Sehnsucht, und jedesmal, wenn er mit der ganzen Macht seiner Liebe zu mir kam, riss er in einer ersten Aufwallung beinahe meine Seele mit sich. Dann verweilte er mit unendlicher Zärtlichkeit in mir, nannte mich 'Mama', und ich fühlte seine Sehnsucht, mich ganz bei sich zu haben.
- Ich wünschte nichts anderes mehr. Nicht einmal den Wunsch, über die entstehende Kirche
zu wachen, hatte ich mehr in der letzten Zeit meines irdischen Lebens. Alles war aufgegangen in dem Wunsch, Gott zu besitzen, da ich überzeugt war, dass alles vermag, wer Gott besitzt.
- Ihr Christen
solltet zu dieser totalen Liebe gelangen. Alles, was irdisch ist, sollte für euch an Wert verlieren. Strebt nur nach Gott. Wie reich werdet ihr sein in dieser Armut der Sehnsucht, die unermesslicher Reichtum ist. Gott wird sich zu eurer Seele neigen, um sie zuerst zu unterweisen und dann an sich zu nehmen, und mit ihr werdet ihr zum Vater, zum Sohn und zum Heiligen Geist aufsteigen und sie in der seligen Ewigkeit
besitzen. Nie kann man so viel für die Brüder tun, wie wenn man nicht mehr unter ihnen weilt, sondern sich als Licht mit dem göttlichen Licht vereint hat.
- Die Annäherung der ewigen Liebe offenbarte sich, wie ich es geahnt hatte. Alles verlor Licht und Farbe, Stimme und Gegenwart unter dem Glanz und der Stimme, die für mein geistiges Auge sichtbar vom Himmel kamen und sich auf mich senkten, um meine Seele aufzunehmen. Man sagt oft, dass ich gejubelt hätte, wenn mir in jener Stunde mein Sohn beigestanden hätte. Doch mein süsser Jesus war mit dem Vater durchaus anwesend, als die Liebe, also der Heilige Geist
, die dritte Person der ewigen Dreieinigkeit, mir den dritten Kuss meines Lebens gab, den so göttlich mächtigen Kuss, dass ich in ihm meine Seele aushauchte und sie sich in der Betrachtung
verlor gleich dem von der Sonne aufgesogenen Tautropfen im Kelch einer Lilie.
- S. 281:
«Und mit jubelnder Seele stieg ich auf zu Füssen der Drei, die ich immer angebetet hatte. Und dann, im gegebenen Augenblick, zog ich wie eine in Feuer gefasste Perle - zuerst getragen, dann gefolgt von der Schar der Engel
geister, die gekommen waren, um mir bei meiner ewigen Geburt für den Himmel beizustehen, schon vor der Schwelle der Himmel von meinem Jesus erwartet und auf der Schwelle von meinem gerechten irdischen Bräutigam, den König
en und den Patriarchen
meines Geschlechtes, den ersten Heiligen
und Märtyrern - nach so viel Schmerz und Demut der armen Magd des Herrn als Königin in das Reich der immerwährenden Freude ein. Und der Himmel schloss sich wieder in der Freude, mich zu besitzen, seine Königin zu besitzen, deren Leib als einziger unter allen sterblichen Körpern vor der letzten Auferstehung
und dem Jüngsten Gericht
verherrlicht worden war.»
- S. 282:
«Meine Demut erlaubt mir nicht zu denken, dass mich im Himmel eine so grosse Herrlichkeit erwarten würde. Ich war mir fast sicher, dass mein menschliches Fleisch, das geheiligt war, weil es Gott getragen hatte, die Verwesung nicht schauen würde; denn Gott ist Leben und wenn er ein Geschöpf mit sich selbst durchdringt und erfüllt, so ist dies wie ein vor der Verwesung bewahrendes, duftendes Öl.
- Ich war nicht nur unbefleckt geblieben, ich war nicht nur mit Gott in einer keuschen, befruchtenden Umarmung vereinigt gewesen, sondern ich war auch bis in mein tiefstes Inneres durchdrungen worden von der Ausstrahlung der in meinem Schoss verborgenen Gottheit, die sich in sterblichem Fleisch hüllen wollte. Doch dass die Güte des Ewigen seiner Magd die Freude vorbehalten hatte, an ihren Gliedern die Berührung der Hand des Sohnes, seine Umarmung und seinen Kuss zu verspüren, mit ihren Ohren seine Stimme zu hören und mit ihren Augen sein Antlitz zu sehen, das hätte ich nie erwarten gewagt, und ich hätte es auch nicht verlangt. Es hätte mir genügt, wenn diese Seligkeiten
nur meinem Geist geschenkt worden wären, und ich wäre damit schon voll seliger Freude gewesen.»
- S. 283:
Gott hat mich, die ich mit Leib und Seele in die Herrlichkeit des Himmels aufgenommen wurde, den Patriarchen
, Prophet
en und Heiligen
, den Engel
n und Märtyrern gezeigt und gesagt: 'Dies ist das vollkommene Werk des Schöpfers. Dies ist, was ich mir unter allen Menschenkindern zum wahren Bild und Gleichnis schuf, die Frucht eines schöpferischen und göttlichen Meisterwerkes, das Wunder
des Universums
, das in einem einzigen Wesen durch die wie Gott ewige, geistige, vernunftbegabte, frei und heilige Geistseele das Göttliche vereint mit dem materiellen Geschöpf im unschuldigsten, heiligsten Fleisch, vor dem alles Lebende in den drei Reichen der Schöpfung
sich verneigen muss. Dies ist der Beweis meiner Liebe zum Menschen, für den ich ein vollkommenes Wesen und das selige Los des ewigen Lebens in meinem Reich wollte. Dies ist der Beweis meiner Liebe zum Menschen, für die ich ein vollkommenes Wesen und das selige Los des ewigen Lebens in meinem Reich wollte. Dies ist der Beweis meiner Vergebung für den Menschen, dem ich durch den Willen einer dreifachen Liebe die Wiedergutmachung und Wiederherstellung vor meinen Augen gewährt habe. Dies ist der mystische Prüfstein. Dies ist das Verbindungsglied zwischen Mensch und Gott. Dies ist sie, die die ersten Tage der Zeit wiederbringt und meinen göttlichen Augen die Freude gewährt, eine Eva
zu betrachten, wie ich sie erschaffen hatte und die nun noch viel schöner und heiliger ist, denn sie ist die Mutter meines Wortes und die Märtyrerin
der grossen Vergebung. Um ihres unbefleckten Herzens willen, das kein Makel
, auch nicht den geringsten, kannte, öffne ich nun die Schätze des Himmels, und um ihres Hauptes willen, in dem nie der Hochmut wohnte, fasse ich meinen Glanz in einen Stirnreif und kröne sie, denn sie ist mir heilig und soll eure Königin
sein!'